Flächenpflege gegen den Artenschwund

Riesige Niedermoorflächen durchzogen einst unseren Landkreis. Die ursprüngliche Landschaft war ein Mosaik aus blumenreichen Feuchtwiesen, Sträuchern und einzelnen Bäumen. Heute sind davon nur noch Reste übrig, wie zum Beispiel im Fußbergmoos. Sie sind ein schützenswertes Rückzugsgebiet für bedrohte Pflanzen und Tiere. Der LBV Fürstenfeldbruck hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese wertvollen Niedermoorflächen durch Flächenpflege zu erhalten und mit Flächenankäufen zu erweitern* – mit ganzem Einsatz schaffen wir wieder mehr Raum für Arten- und Klimaschutz.   

Weniger Licht bedeutet weniger Vielfalt

Durch Entwässerung und Nährstoffeintrag aus der Luft und der Landwirtschaft veränderte sich die Struktur unserer Moore. Ein Teil davon wird heute als Intensivgrünland oder Acker genutzt. Ehemalige Streuwiesen, die früher für die Einstreu in Kuhställen genutzt wurden, wurden sich selbst überlassen. Innerhalb weniger Jahrzehnte siedelten sich auf den einst struktur- und artenreichen Streuwiesen Gehölze wie Birken und Faulbäume an mit dicht wuchernden Brombeersträuchern am Boden. Die lichtliebende Fauna und Flora verschwand großflächig.

Nährstoffe raus, Leben rein

Auf den verbliebenen offenen Grundstücken mähen wir, je nach Nährstoffgehalt, ein bis zwei Mal pro Jahr, um der weiteren Verbuschung vorzubeugen. Das Mähgut und somit auch die Nährstoffe entfernen wir per Hand in Hunderten von ehrenamtlichen Stunden von den Flächen, ein Landwirt transportiert sie ab. Auf diesen abgemagerten Wiesen können sich an nährstoffarme Böden angepasste Pflanzen wie Sumpf-Gladiole und verschiedene Orchideenarten halten und vermehren.


Stück für Stück offener

Für den langfristigen Erhalt und für mehr Biodiversität sind ausgedehnte, zusammenhängende Lebensräume essenziell. Nur dadurch kann ein ausreichender genetischer Austausch stattfinden, der zu stabilen Populationen führt. Ein großes Areal offener Flächen ist zudem als adäquater Lebensraum für Arten wie die Bekassine wichtig. Durch Ankauf und Entbuschung weiterer Grundstücke kommen wir diesem Ziel vor allem im Fußbergmoos Jahr für Jahr ein Stück näher.

Wucherndes Springkraut im Fußbergmoos © R. Schoonhoven
Wucherndes Springkraut im Fußbergmoos © R. Schoonhoven

Wildwuchs statt Wiesenknopf-Ameisenbläuling

Auf vielen unserer neu erworbenen Flächen haben sich in der Vergangenheit Birke, Pappel und Faulbaum sowie invasive Pflanzen wie Goldrute oder Indisches Springkraut rasant ausgebreitet und dadurch einen erheblichen Artenschwund verursacht. Es ist ein Lebensraum entstanden, der verhältnismäßig häufig ist, und in dem sich nur noch bei uns weit verbreitete Arten wohlfühlen. Zudem wurden viele Grundstücke auch als Freizeitgrundstücke genutzt, auf denen verschiedene Zier- und typische Gartengehölze wie Thuja stehen. Angelegte Teiche, die eigentlich positiv für die Artenvielfalt sind, sind mittlerweile durch Schilf oder Gehölze zugewachsen. Hier ist es unser Ziel, die Teiche zu reaktivieren und wieder zu besonnen.


Zurück zum Ursprung

Die verbuschten Grundstücke mit noch vorhandenen Wiesenarten sind über die reine Mäharbeit nicht mehr in den Ursprungszustand zurückführbar. Um diesen wiederherzustellen, werden junge Birken, Faulbäume oder Brombeersträucher sowie standortfremde Gehölze, beispielsweise Thuja oder Ziergehölze aus ehemaliger Gartennutzung, entfernt. Naturschutzfachlich bedeutsame Gehölze wie Eichen oder Weißdorn bleiben erhalten. Alle diese Maßnahmen sind von unserem Biotoppfleger fachlich geplant und von den Behörden genehmigt.

 

Das gezielte Herausnehmen von Gehölzen und der wuchernden Brombeere zusammen mit dem Fräsen des Bodens zum Entfernen der Wurzelstöcke ist eine grundlegende Voraussetzung, damit durch Einsaat heimischer, regionentypischer Pflanzen wieder artenreiche Lebensräume entstehen können. 

Fragen und Antworten zur Landschaftspflege

Das Projekt Moorschutz im Verbund des Bund Naturschutz, Kreisgruppe Dachau, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern will die Artenvielfalt bedeutsamer Feuchtgebiete der Region erhalten und fördern. Aktuell umfasst das Projektgebiet vier Landkreise mit den Schwerpunkten ehemaliges Maisacher Moos sowie ehemaliges Dachauer Moos. 

 

Im Zuge dieses Projekts finden ebenfalls Entbuschungsarbeiten statt, um die ursprüngliche Offenlandschaft des Moorgebiets und damit mehr Flächen für seltene Arten wiederherzustellen.

Über die Maßnahmen und deren Nutzen informiert die Projekt-Webseite mit umfassenden Fragen & Antworten.


Mehr Raum für seltene Arten

Diese so genannten Auflichtungsmaßnahmen führen zu strukturreichen Flächen aus gehölzarmen Offenlandbereichen, lichten Waldstandorten und mageren Feuchtwiesen, die seltenen Tier- und Pflanzenarten wie Sumpf-Ständelwurz, Hellem Wiesenknopf-Ameisenbläuling oder Baumpieper wieder eine sichere Heimat bieten. Gleichzeitig lassen sie Platz für anspruchsvollere Waldarten und naturschutzfachlich wertvolle Gehölzstrukturen.

 

Nach den anfänglichen Maßnahmen helfen uns die Heckrinder als vierbeinige Landschaftspfleger dabei, die Flächen langfristig frei von Büschen zu halten, sodass der offene Lebensraum für seltene Arten erhalten bleibt. 

Heckrinder im Fußbergmoos, © V. Wendl
Heckrinder im Fußbergmoos, © V. Wendl

Moorschutz ist Klimaschutz

Das Entbuschen und die Wiedervernässung ehemaliger Moorflächen, und damit ihre langfristige Renaturierung, sind zudem wichtige Klimaschutz-Maßnahmen. Das hat auch die Politik erkannt: Der bayerische Umweltminister hat 2018 den Masterplan Moore für Bayern vorgestellt, der unter anderem die Renaturierung von Mooren als Teil des Klimaprogramms 2050 der Staatsregierung vorsieht. Die Bundesregierung der großen Koalition hat im September 2021 die Nationale Moorschutzstrategie veröffentlicht und betont darin die immense Bedeutung intakter Moore für Arten- und Klimaschutz.

Was haben Klimaschutz, Artenschutz und das Fußbergmoos gemeinsam? Sie sind untrennbar miteinander verwoben. Viele heimische Arten können nur in ihrem gewohnten Klima überleben, gleichzeitig brauchen sie geschützte, ursprüngliche Lebensräume. Das Fußbergmoos verbindet beides: Die Pflegeflächen des LBV sind Heimat vieler seltener und bedrohter Arten. Gleichzeitig ist das Moorgebiet als Kohlenstoff-Speicher wichtig für den Schutz des Klimas. 

 

Die Moorkundlerin Cornelia Siuda gibt in ihrem Vortrag Einblick in das einzigartige Ökosystem: Wie „funktionieren“ Moore? Welchen Beitrag leistet der Moorschutz zu Klimaschutz, Wasserhaushalt und Naturschutz? Was kann man selbst beitragen?

(Details zur Nutzung von YouTube auf unserer Website finden sich in unserer Datenschutzerklärung.)


Fast 40 Jahre Einsatz für Arten und Klima

Der jahrelange Einsatz des LBV Fürstenfeldbruck für den Erhalt des Fußbergmooses und artenreicher Extensiv-Wiesen ist auch direkter Klimaschutz. Je mehr Moor- und Grünlandflächen bewahrt werden, umso mehr CO2 können sie im Boden binden. Die Mengen an gebundenem CO2 in Mooren weltweit sind beeindruckend: Mit 550 Milliarden Tonnen speichern sie mehr als alle Wälder der Erde zusammen. Durch die fortschreitende Degradation von Moorböden werden diese Treibhausgase jedoch freigesetzt und könnten sich, im Vergleich zu 2015, bis ins Jahr 2100 verdreifachen.** Um den Klimawandel zu bremsen, ist es entscheidend, die weitere Trockenlegung der Moore zu verhindern und Moorflächen wieder zu vernässen. 

Geduld zahlt sich aus

Haben wir eine Fläche von Gehölzen und wuchernder Brombeere befreit, dauert es dennoch Jahre, bis sich angesäte seltene heimische Pflanzen wieder etabliert haben. Umso wichtiger ist es, die Maßnahmen jetzt durchzuführen, denn desto eher kann dort Biodiversität von neuem entstehen. Naturschutz erfordert oft viel Geduld.

 

Es gibt aber auch Wiesen, da sind weniger Maßnahmen erforderlich. Hier wird schneller wieder ein wertvoller Lebensraum zu finden sein. Noch vorhandene lebensraumtypische Pflanzenarten wie Bach-Nelkenwurz, Hügel-Arznei-Baldrian oder Pfeifengras danken dann bereits nach kurzer Zeit mit üppigem Wachstum. So entstehen innerhalb weniger Monate neue Wiesenflächen, auf denen sich bereits im Folgejahr wieder viele seltene Schmetterlingsarten tummeln. 

Kaisermantel vor Torfhütte im Fußbergmoos, © R. Verma
Kaisermantel vor Torfhütte im Fußbergmoos, © R. Verma

Warum investieren Haupt- und Ehrenamtliche des LBV Fürstenfeldbruck seit über 30 Jahren so viel Zeit, Energie und Herzblut ins Fußbergmoos? Gehen Sie mit uns auf Spurensuche: Sonnentau und Riedteufel – Im Moos ist was los

* Flächenankäufe des LBV werden gefördert durch die Regierungen, das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) und den Bayerischen Naturschutzfonds. Mit Spenden werden auch Nebenkosten des Flächenerwerbs finanziert – wie Eigenanteile, die der LBV bei öffentlichen Zuschüssen erbringen muss, und Personalkosten, die rund um den Flächenkauf notwendig sind. Außerdem tragen Spenden zur anschließenden Pflege der Biotopflächen bei.
Für die Flächen der LBV-Kreisgruppe Fürstenfeldbruck koordiniert der Landschaftspflegeverband Fürstenfeldbruck e.V. als Projektträger die Umsetzung der Pflegemaßnahmen und vorfinanziert die Mittel hierfür. Die Maßnahmenumsetzung erfolgt über Landwirte sowie über ehrenamtliche Mitarbeitende des LBV, unter Anleitung eines Biotoppflege-Experten. Das Projekt wird mit Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt- und Verbraucherschutz (StMUV) gefördert. 

** Quellen: FAZ.net „Bedrohte Moore – die unterschätzten Klimaretter“, 23.10.2019; Nature Climate Change, Studie „Intact and managed peatland soils as a source and sink of GHGs from 1850 to 2100“, Nov. 2019